Bauern reden jetzt offen – Transparenz in der Fleischherkunft: UngerHof im Interview – Teil 1

Woher weiß ich, dass das Tier in Österreich geboren, aufgezogen und verarbeitet wurde?
Wie gestaltet sich der letzte Transportweg für das Tier?
Wie kann ich mir sicher sein, dass die beste Qualität meines Fleisches zweifellos gegeben ist?
Diese Fragen und viele mehr zum Thema Fleischherkunft beschäftigen uns nun seit geraumer Zeit. Fleischaufreger der vergangen Jahre und aktuelle Skandale tragen dazu bei, unsere Unsicherheiten zu diesem emotionalen und heiklem Thema zu verstärken.

AbHof holt zu diesem Anlass ProduzentInnen vor den Vorhang, die offen und ehrlich darüber sprechen, wie es bei ihnen am Hof zugeht. Dazu haben wir verschiedene regionale Fleischhersteller befragt – Heutiges Interview mit UngerHof.


15 Minuten mit FLEISCHPRODUZENT UNGERHOF – Teil 1

Familienbetrieb UngerHof ist in der Südoststeiermark zuhause und spezialisiert sich auf die Züchtung von Turopoljeschweinen. “Wir wollten diese alte kroatische Rasse, da sie robust ist, vom Aussterben bedroht und etwas Besonderes.” Für Familie Unger steht das Tierwohl an aller erster Stelle: frische Luft, Bewegung, Gesellschaft und artgerechte Fütterung haben immer oberste Priorität.

ABHOF: Wie viele Tiere habt ihr zurzeit bei euch am Hof?
UNGERHOF: Um die 40 Schweine im Schnitt. Variiert je nach Wurfgröße und Schlachtterminen.

ABHOF: Ist das, was zurzeit in den großen Medien so präsent ist, auch bei euch ein Thema?  Wo schlachtet ihr?
UNGERHOF: Geschlachtet wird bei uns in der Gegend bei einem kleinen Familienbetrieb, und so ist das nicht wirklich Thema für uns. Wir vermarkten direkt und sind auch sehr offen unseren Kunden gegenüber. Aus diesem Grund wird das eigentlich von Anfang an erst gar nicht angesprochen. Das liegt am Tisch. Automatisch.

ABHOF: Wie läuft bei euch der Transport ab? Wie sehen die Schlachtbedingungen bei euch aus?
UNGERHOF: Dadurch dass die Tiere bei uns draußen leben und in der Natur aufwachsen können, entwickeln sie mit dem Alter einen gewissen Charakter und eine Persönlichkeit. Das muss man ruhig angehen, mit Gewalt ist man hier komplett falsch und erzwingen kann man gar nichts.
Im Gegensatz zu anderen Schweinen, für die es ungewohnt ist, den Stall zu verlassen, die Sonne zu sehen, etc, kommt aus diesem Grund das Stresslevel bei unseren Tieren erst garnicht auf. Aufgrund der starken und individuellen Persönlichkeit des Tieres, kann man auch keinen Stress machen, weil dann kommt als Reaktion Gegenwehr. Das muss vermieden werden. So ist Stress kein Thema. 

“Offen & ehrlich sein, bei uns kann jeder alles fragen,” Ramona Unger.

ABHOF: Habt ihr einmal darüber nachgedacht bei euch zu schlachten?
UNGERHOF: Ja, auf jeden Fall, nur leider ist das für unsere Betriebsgröße nicht geeignet. Wir sind der Meinung, dass man das Tier nicht verlagern und 100 km fahren sollte, um zu einem Schlachter zu kommen, nur weil dieser dafür die Genehmigung erhalten hat. Gesetzungskonform muss es sein, um es umsetzen zu können, und das bringt viele hohen Barrieren mit sich. Was passieren muss, damit wir das angehen können? Die gesetzliche Grundlage muss dafür da sein…

Und genau hier ist das Tierwohl, obwohl es so wichtig ist, leider doch irgendwo wieder unwichtig: Hier geht es um Regeln und Paragraphen, die eingehalten werden müssen. Was bringt es, wenn man das Tier zwei Jahre lang mästet und pflegt, und dann muss man es vom Betrieb wieder wegbringen? Hier versuchen wir natürlich den Spagat zu machen und es möglichst stressfrei anzugehen, aber das Ideale wäre daheim, Zuhause, vor Ort. 

ABHOF: Was ist euch noch wichtig?
UNGERHOF: Zeit nehmen. Unser Alltag ist mittlerweile so schnelllebig geworden und uns Menschen fehlt heute oft die Zeit, sich mit diesem wichtigen Thema so weit auseinander zu setzen, dass es dann auch wirklich in die Praxis übertragen werden kann. Es würde reichen sich EINMAL Zeit zu nehmen, um einen Betrieb in der Region zu finden, diesen anschließend zu besuchen, ihn sich anzuschauen , sich davon zu überzeugen…und ab da kann man dann genauso Zeit sparend seine Produkte holen. Für Viele ist es zwar auch heute noch angenehmer und gemütlicher in den Supermarkt nebenan zu gehen, aber auch Kleinbetriebe bieten immer mehr die Option an, das Fleisch geschnitten und fertig abzuholen. Nur mehr auf den Grill legen und fertig! Man muss sich nur einmal drüber trauen…

Auch die Wertigkeit spielt eine große Rolle. Wo bleibt die Wertigkeit, wenn man sich zum Beispiel eine Grillhütte, Grillinstrumente etc. um mehrere 1.000 Euro kauft, und dann sein Fleisch dafür vom Discounter hernimmt? Warum hier etliches Geld investieren, und beim Fleisch wird dann gespart? Ist das nicht irgendwo schäbig gegenüber dem Lebewesen und meiner Forderung, dass es dem Tier gut gehen muss?

“Hinterfragen, immer alles hinterfragen, und auch bereit sein, sich einmal die Zeit zu nehmen, um einen Bauern zu suchen. Dann kann man dort mit ruhigem Gewissen einkaufen.”


19.07.20 – Interview mit Ramona und Herbert Unger

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