Bauern reden jetzt offen – Transparenz in der Fleischherkunft: Biohof Hubicek im Interview

Woher weiß ich, dass das Tier in Österreich geboren, aufgezogen und verarbeitet wurde?
Wie gestaltet sich der letzte Transportweg für das Tier?
Wie kann ich mir sicher sein, dass die beste Qualität meines Fleisches zweifellos gegeben ist?
Diese Fragen und viele mehr zum Thema Fleischherkunft beschäftigen uns nun seit geraumer Zeit. Fleischaufreger der vergangen Jahre und aktuelle Skandale tragen dazu bei, unsere Unsicherheiten zu diesem emotionalen und heiklem Thema zu verstärken.

AbHof holt zu diesem Anlass ProduzentInnen vor den Vorhang, die offen und ehrlich darüber sprechen, wie es bei ihnen am Hof zugeht. Dazu haben wir verschiedene regionale Fleischhersteller befragt – Heutiges Interview mit Biohof Hubicek.


15 Minuten mit FLEISCHPRODUZENT Biohof Hubicek

Der Biohof Hubicek in Breitensee liegt in den wunderbaren Weiten des Marchfelds, am östlichen Rande von Niederösterreich. Hier werden rund 90 Hektar Land bewirtschaftet. Die roten Mangaliza und Schwäbisch Hällische Schweine haben bei den Hubiceks ein nettes Zuhause mit einem Hektar Wiese, vielen Unterständen, einem Wühlplatz, einem Badeplatz, einer automatischen Tränke und einer Futterstation.

ABHOF: Beschreibt bitte kurz wie viele Tiere bei euch auf dem Hof aufwachsen. 
BIOHOF HUBICEK: Bei uns leben derzeit 64 Schweine der Rassen Schwäbisch Hällische Landschweine und Mangaliza, unser Deckeber „Franzl“ ist ein Duroc. Zusätzlich haben wir noch 3 Schafe, die als Vollzeit-Rasenmäher „angestellt“ sind;)  und 10 Hühner. Diese Tiere befinden sich alle auf unserer 3 ha großen Ganzjahres-Weide, 2 Hunde bewachen unser Haus.

ABHOF: Wie wachsen die Tiere bei euch auf?
BIOHOF HUBICEK: Auf 3 ha. Wir haben die Schweine ganzjährig auf der Weide. Abferkelnde Schweine bringen wir meistens in den Stall, da das Handling mit den anschließenden tierärztlichen Kontrollen einfacher ist.

ABHOF: Normalerweise sprechen wir immer über Tiere und ihre Aufzucht. Durch die jüngste Auseinandersetzung mit den Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen gerät die Schlachtung in den Vordergrund.
Haben euch die nun einer breiteren Öffentlichkeit bekannten Zustände in den Schlachthöfen überrascht?
BIOHOF HUBICEK: Nein, eigentlich nicht. Wir wissen über die katastrophalen Zustände dort. Und auch über die Auswirkungen und Konsequenzen, die wir absolut inakzeptabel finden. Aber solange Massentierhaltung in diesen irren Ausmaßen erlaubt ist, wird sich, so fürchte ich, nicht so bald was ändern.

ABHOF: Wo schlachtet ihr?
BIOHOF HUBICEK: Derzeit in einem Bio-Schlachthof ganz in der Nähe (30 km). Es ist uns wichtig Transportwege kurz zu halten und die Tiere möglichst stressfrei zu schlachten.

ABHOF: Was wäre euer Idealzustand für eure Tiere bzgl. Transport und Schlachtung? 
BIOHOF HUBICEK: Wir planen im Moment eine eigene Fleisch- und Wurstmanufaktur, mit angeschlossenem Schlachthof und eigener Warteweide. Dieses Projekt wurde von uns bereits vor 2 Jahren das erste Mal eingereicht. Leider zeigt sich unsere Gemeinde nicht wirklich kooperativ…

ABHOF: Habt ihr bereits über Hausschlachtung, den sogenannten “Weideschuss” etc. nachgedacht bzw. praktiziert ihr sowas?
BIOHOF HUBICEK: Hausschlachtung ist bei uns nicht möglich, da die Tiere auf der Weide leben und Weideschlachtung in Österreich nicht erlaubt ist. Unser geplantes Projekt wäre eine optimale Lösung, denn die Tiere werden hier vier bis sechs Tage vorher auf die Warteweide gebracht, das mit einem Transportweg von nicht einmal 2 km. Und hier sind sie in einer artgerechten und stressfreien Umgebung.

ABHOF: Worauf achtet ihr bzw. was ist euch persönlich wichtig? 
BIOHOF HUBICEK: An erster Stelle steht das Wohl der Tiere, denn nur gesunde und artgerecht gehaltene Tier können auch eine gute Fleischqualität liefern. Qualität, Nachhaltigkeit und Regionalität ergeben sich von selbst. So werden zum Beispiel unsere Tiere ausschließlich aus eigenem Bio-Anbau gefüttert.

Genauso wichtig sind uns ordentliche Arbeitsbedingungen für Angestellte und keine „Lohnsklaverei“. Unsere Arbeiter sind angemeldet, versichert und haben ordentliche Quartiere.

ABHOF: Was sollte eurer Meinung nach an Aufklärungsarbeit zum Thema “Regionaler Fleischkonsum” noch geleistet werden? 
BIOHOF HUBICEK: Es hat eine Katastrophe bzw. Pandemie gebraucht, um die Gesellschaft wachzurütteln. Aber Corona hat uns auch gelehrt, dass wir uns mit den meisten Dingen sehr wohl regional versorgen können.

ABHOF: Was sind die großen Herausforderungen der Zukunft? 
BIOHOF HUBICEK: Oh, das sind ganz viele: In erster Linie wäre es wichtig, dass wir unsere täglichen Ess- und Einkaufsgewohnheiten überdenken. Das funktioniert nur, wenn wir in Zukunft bewusster daran denken, wie essentiell es ist, richtig mit unseren Lebensmitteln umzugehen. Das passiert nicht von heute auf morgen. Auch die Ankerkennung der Wertschöpfung unserer Lebensmittel ist ein wichtiger Punkt, der auch künftig für eine Herausforderung sorgen wird. 

Es kann nicht sein, dass wir einen Überschuss an Lebensmitteln produzieren, von denen dann zumindest ein Drittel im Müll landet. Eine weitere Herausforderung ist, dass die bäuerlichen Strukturen unterstützt und gerecht bezahlt werden können. Weiters, dass Nutztiere einen anderen Stellenwert erhalten. Tierschutz und Tierwohl muss im Vordergrund stehen.

Abschlussworte

BIOHOF HUBICEK: Ich glaube daran, dass wenn wir Strukturen schaffen, die den Bauern eine vernünftige Lebensgrundlage gibt und wir verhindern, dass wir in industrielle Fertigungsstrukturen gelangen müssen, um zu überleben, wir dann auch die eigene Versorgung gewährleisten können.

Ich möchte mit meinem Projekt einen Beitrag dazu leisten, dass die Themen, die jetzt gerade Schlagzeilen machen, keine mehr sind. Mehr als ein nur artgerechtes Leben für die Tiere, ein stressfreies Ende und faire Arbeitsbedingungen …


22.07.20 – Interview mit Anton Hubicek  

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